Es gibt sie noch, die ganz kleinen und intimen Perlen in der Berliner Kulturszene, die sowohl für die Künstler als auch für das Publikum einen ganz großen Weg ebnen. So auch das Scheinbar Varieté, das wir am Samstag, den 4. Mai 2024, besucht hatten.
Das Scheinbar Varieté in Berlin-Schöneberg entstand 1984 und wurde von den Schülern der Berliner Artistenschule „Etage“ gegründet. Die Bühne ist 4 m × 3 m groß und ist somit das kleinste Varieté Deutschlands, in das ca. 60 Zuschauer passen.
Jede Woche wechseln das Programm, die Künstler und der/die Moderator/Moderatorin und präsentieren viermal in der Woche für jeweils 7 Minuten auf der Stage alle Kunstrichtungen: Kabarett, Comedy, Musik, Artistik, Zauberkunst, Jonglage, Poetry Slam und Pantomime. Das Scheinbar Varieté hat schon viele aktuell bekannte Künstler anfangs begleitet: Mario Barth, Kurt Krömer, Eckart von Hirschhausen sind nur einige der bekannten Namen.
An dem Abend des 4. Mai 2024 moderierte die großartige Helene Mierscheid die Show. Früher war sie Politikberaterin, den Einfluss merkt man noch immer in ihren vielen bissigen Pointen. Die Meisterin der politischen Witze wurde bereits mit fünf Kabarettpreisen ausgezeichnet. Neben Politikern und den Parteien gehörte auch eine Reha in Brandenburg zu ihrem Repertoire. Helene Mierscheid gewann mit ihrer sympathischen Art und mit ihrem unverwechselbaren Humor mein Herz.
Mai Horlemann, nebenbei Sprecherin für Hörbücher und Trailer, war der Chamäleon mit zahlreichen Talenten in der Show. Zuerst den Durst des Publikums nach Getränken an der Bar gestillt, anschließend den Hunger des Publikums auf sarkastische Witze und gleichzeitig sanftem und ironischem Gesang gestillt. Aber was ist schon dabei? Schließlich muss eine Frau alles können und das am besten gleichzeitig. Diese übertriebenen Erwartungen hat die Künstlerin in ihrem Lied „So wie früher“ verarbeitet, bevor sie mit kurzen und manchmal derben Lime Lyrics ihre Show fortsetzte. Bei dem nächsten Soloprogramm von Mai Horlemann werde ich auf jeden Fall dabei sein.
Eine weitere Powerfrau an dem Abend war Cloozy, die mit Witzen über einen Billigbekleidungsunternehmen und die neue Generation nicht nur meine Lachmuskeln im Saal zum Beben brachte. Auch sie könnte alleine eine ganze Abendshow mit vielen garantierten Lachern füllen.
Lustig ging es auch bei Ulli Lohr, einem passionierten Kellner, zu. Ulli Lohr, den ich bereits aus der Show „Aufstand der Uhren“ im Wintergarten Berlin kannte, hat seine Arbeit nicht nur gekonnt in seinen Sketchen verarbeitet, sondern ließ uns gesanglich und tänzerisch auch an seinem Urlaubsflirt in der Türkei teilhaben.
Im Scheinbar Varieté war es aber nicht nur witzig, sondern auch magisch. Der charmante Christian de la Motte überzeugte das Publikum als Mentalist und Illusionist. Für einen Abend voller Unterhaltung und Spannung sorgte auch der Zauberkünstler Jurim mit seinem Vater inklusive Seilen und Zaubetricks. Houdini wäre stolz auf die beiden.
Und Akrobatik kam an dem Abend auch nicht zu kurz: Andreas Wessels jonglierte und tanzte mit vielen Bällen um die Wette und zeigte vollen Körpereinsatz.
Mein Fazit: Ich bin sehr froh, dass ich diese kleine Perle in der Berliner Kunstwelt entdeckt und für mich neue Künstler kennengelernt habe. In einer intimen Atmosphäre hatten wir einen schönen Abend und haben viel gelacht und gestaunt. Gerne bald wieder!
Adresse: Scheinbar Varieté
Monumentenstraße 9
10829 Berlin
Weitere Informationen:
https://www.facebook.com/scheinbarvariete
https://www.scheinbar.de/
Text und Fotos © E. Günther